Insomnia aus der Mundhöhle, Frau Lächeln Zähne

SLEEP editorial

Wie Zähne unser Schlafverhalten beeinflussen

Dr. Anne Karl

Von Dr. Anne Karl
Lesezeit: ca. 7 Minuten


In der heutigen Zeit leiden viele Menschen unter den Folgen eines schlechten Schlafverhaltens. Ein ungesunder Lifestyle, Umwelteinflüsse sowie sozialer Stress sind bereits als Schlafräuber allgemein anerkannt. Dass diese Schlafstörungen jedoch maßgeblich von der Mundhöhle und den Zähnen getriggert werden können, ist vielen bisher unbekannt. 

Interessanterweise haben 70-80% aller chronischen Erkrankungen ihren Ursprung in der Mundhöhle. Die gesundheitlichen Auswirkungen wurzelbehandelter (toter) Zähne, unversorgter Kariesstellen, Zahnfleischentzündungen und Metalle bleiben vielfach unbemerkt. Darüber hinaus hat jeder Eingriff in der Mundhöhle Einfluss auf Körper- und Haltungsstrukturen, wie Kiefergelenk, Schädelknochen, Faszien, Muskulatur und Wirbelkörper. All diese Faktoren beeinflussen das Stresslevel unseres Körpers jedoch extrem, da die Mundhöhle und insbesondere die Zähne neuralgische Punkte in Bezug auf unseren gesamten Organismus darstellen.

Um die Komplexität der Regel- und Funktionskreise zu verstehen, ist es wichtig, die Zähne nicht isoliert zu betrachten. Sie sind ähnlich Darm, Herz oder Leber - Organe und besitzen ein eigenes Blut-, Lymph- und Nervensystem. Über den Hirnnerv Trigeminus sowie Schaltstellen des autonomen Nervensystems sind sie unmittelbar mit unserem gesamten Organismus wechselseitig vernetzt, so dass ebenso sämtliche Informationen von den Zähnen, wie bspw. Giftstoffe, Keime oder Entzündungsbotenstoffe aufgenommen, an entferntere Gewebe transportiert und gleichermaßen über die Zähne und Schleimhäute an das Hirn rückgekoppelt werden.  

Aktivierung der Stressachse fördert Entzündungsbereitschaft 

Gleichwohl Länge und Qualität unseres Schlafes entscheidende Auswirkungen auf die Entzündungsbereitschaft unseres Körpers haben, beeinträchtigen wiederum chronische Entzündungsprozesse das Stresslevel des Körpers erheblich und damit wiederum die Schlafqualität. Dabei sind chronischer Stress und chronische Entzündungen für unseren Körper biochemisch das gleiche Bild und beeinflussen sich wechselseitig. 

In beiden Fällen wird der Sympathikus als Stressnerv überaktiviert, was eine vermehrte Ausschüttung an Stresshormonen, wie Adrenalin und Cortisol zur Folge hat. Darüber hinaus wird die Schilddrüsenfunktion herabgesetzt, die Produktion der Sexualhormone negativ beeinflusst und die Fruchtbarkeit vermindert. Östrogenmangel führt bspw. zusätzlich zu Schlafmangel.

Die Aktivierung der Stressachse bedeutet die Aktivierung instinktiver Muster (Flucht, Angriff oder Verteidigung), so dass u.a. die Produktion des Schlafhormons Melatonin erheblich reduziert wird. Entsprechend liegt Schlafstörungen grundsätzlich immer ein aktivierter Stressnerv zugrunde. 

Nur in der Tiefschlafphase können unsere Immunzellen regenerieren und Wachstumsfaktoren bilden. Vor allem in den ersten Stunden des Schlafs werden eine Vielzahl an Hormonen ausgeschüttet, die unsere Immunabwehr unterstützen, während der Anteil an immunhemmendem Cortisol erniedrigt wird, sofern der Körper das Nervensystem nicht durch physiologischen und psychologischen Dauerstress aktiviert ist. Bereits nach einer schlechten Nacht sind weniger bestimmte Immunzellen im Blut zu finden, die entartete Körperzellen aufspüren und entsorgen können. 

Mundatmung beeinflusst das Entspannungslevel 

Atmen wir jetzt nachts zusätzlich noch durch den Mund anstatt physiologisch durch die Nase, erhöht sich unsere Atemfrequenz, welche unserem Körper ebenso Stress symbolisiert. Darüber hinaus nehmen wir weniger Stickstoff über die Nasenschleimhaut auf. Dies hat zur Folge, dass der Blutdruck weniger stark sinkt und dadurch die Entspannung des Parasympathikus (Entspannungsnerv), als Gegenspieler unseres Stressnervs, ausbleibt. 

Liegt zudem die Zunge beim Schluckakt nicht mehr am Gaumen, sondern an den unteren Frontzähnen, führt dies nicht nur zu einer schlechteren Entgiftung. Der Unterkiefer führt zudem eine unphysiologische Bewegung Richtung Kiefergelenk aus. Dauerhaft entstehen dadurch u.a.  Krankheitsbilder der cranio-manibulären Dysfunktion (CMD), Schlafapnoe und schmerzhafte kompensatorische Haltungsänderungen des gesamten Körpers. Es erfolgen Zahn- und Kieferfehlstellungen, die zu einem veränderten Biss führen können. Die bestehende Schmerzsymptomatik führt bei 50% der Betroffenen zu erheblichen Schlafstörungen. Zu allem Überfluss neigen wir zu erhöhter Kariesanfälligkeit, da die Mineralisation über den Speichel vermindert ist. 

Zahnfleischentzündungen durch Metalle

In der Mundhöhle finden wir viele Stressfelder, die immunologisch, toxikologisch und funktionell das Potenzial unserer Gesundheit beeinflussen. Metalle verursachen durch den sog. Batterieeffekt Spannungen, die wiederum zu lokaler Entzündungsqualität des Zahnfleisches und einer grundsätzlichen Übersäuerung des Gewebes führen. Ebenso finden sich um metallische Versorgungen meist entzündlich verändertes Zahnfleisch, was als Kontaktallergie zu werten ist und die Tendenz einer Taschenbildung (Parodontitis) fortschreiten lässt. Darüber hinaus besitzen Metalle Antennenwirkung, welche zu einer hundertfachen Verstärkung der negativen Wechselwirkung von elektromagnetischen Feldern auf unsere Zellfunktionen zur Folge hat. Addieren sich nun noch Giftstoffe aus wurzelbehandelten, chronisch stillen Entzündungen hinzu oder Keime aus entstehenden Zahnfleischtaschen oder kariösen Zähnen, entsteht ein Nährboden für die Einlagerung weiterer Toxine, die den Körper belasten. 

Mund-Darm-Hirn-Connection

Zahnfleischbluten oder Zahnfleischentzündungen führen zu einer Öffnung der festen Schutzbarriere zwischen Zähnen und Zahnfleisch (leaky gum). Dadurch können Keime aus der Mundhöhle in unseren Körper eintreten und sich über Gewebe, Blutbahn und Lymphabfluss in unserem Körper verteilen.

Ein entzündetes Mikrobiom im Mund führt letztendlich auch zu einem entzündlich veränderten Darmmikrobiom. Verdauung beginnt im Mund und aus der Mundhöhle gelangen die Giftstoffe schnell in den Darm. Dort verursachen diese kleine unbemerkte Mikroentzündungen, welche wiederum die Oberfläche des Darms krankhaft verändern (leaky gut). Ist der Darm bereits durch entzündliche Nahrungsstoffe, wie Gluten, Zucker, Milchprodukte oder weitere Allergene entzündlich beeinflusst, haben diese Toxine bereits ein hervorragendes Milieu, um sich weiter zu etablieren. Die feste Barriere des Darms bricht auf, die Giftstoffe gelangen zurück in den Körper und richten weiteren Schaden an. Ein chronisch überlastetes Immun- und Nervensystem reagiert eher hochsensibel, als dass es keinerlei Reaktionen mehr zeigt.

Insbesondere über Mund- und Darmschleimhaut nehmen wir unmittelbar Informationen auf, die innerhalb kürzester Zeit diese Toxine über die 2 große Hirnnerven (N. Trigeminus und N. Vagus) an das Hirn zurückleiten. Zudem gelangen die Giftstoffe über die Bluthirnschranke in das Hirngewebe. Nerven- und Blutgefäße werden geschädigt (Leaky brain), so dass sie die Toxine bspw. im Fettgewebe des Gehirns absetzen und zu degenerativen Erkrankungen, wie Alzheimer oder Demenz führen. 

Anspannungen übertragen sich auf alle Körperstrukturen

Es entsteht aufgrund dauerhafter Anspannung eine zunehmende Dysbalance, die der Körper versucht auch neuromuskulär über das Kiefergelenk, die angrenzenden muskulären und knöchernen Strukturen des Schädels sowie den Biss auszugleichen, um sich wieder zu zentrieren. Der Körper ist als Gesamtfaszie zu betrachten, deren Anspannung immer Auswirkung auf das gesamte Körpersystem hat. Hier ist das Kiefergelenk als oberstes Kopfgelenk Dreh- und Angelpunkt der Körperstatik. Häufige Begleitsymptome sind Zähnepressen oder Knirschen mit starken Verspannungen im Kopf/Kieferbereich, was gleichermaßen den Magenmeridian reizt und zusätzlich Unwohlsein und nächtlichen schlafraubenden Grübeleien fördert.  

Speziell die Gaumennaht im Oberkiefer ist eine wichtige Struktur, die sich durch anhaltende Verspannung bis hin zur Verknöcherung verändern kann. Diese Stresskomponenten werden ebenso auf das gesamte System projiziert, da unmittelbar über dieser Struktur wichtige Regulationszentren (Hypothalamus, Hypophyse, Epiphyse, Sehzentrum) liegen, die das Hormon- und Immunsystem steuern oder auch Auswirkungen auf unser Sehvermögen haben. 

Der Zusammenbiss der Zähne (Okklusion) hat einen großen Einfluss auf die Hirndurchblutung, die arterielle Sauerstoffzufuhr als auch den venösen und lymphatischen Abfluss und ist damit der Schlüssel für gesunden Schlaf und eine langlebige Vitalität.

Insbesondere der Schluckakt ist ein entscheidender Impulsgeber für unsere Entgiftung des Hirnstoffwechsels. Wir schlucken innerhalb eines Tages bis zu 3000 Mal, wodurch sich kontinuierlich die Membranen um das Hirn anspannen und damit die Lympabflusswege komprimieren. Dies hält den Abtransport der Lymphe im Fluss. 

Der Biss und elektromagnetische Felder bestimmt die Entgiftung unseres Hirns

In unserem Hirn befindet sich ein spezielles Lymphsystem – das sog. glymphatische System, was die Abbauprodukte und Giftstoffe des Hirnstoffwechsels abtransportiert und damit unser Hirngewebe säubert. Dafür schrumpfen nachts die Hirnzellen und öffnen einen Raum zur Entgiftung. Dies geschieht jedoch nur unter zwei Bedingungen: zum einen muss die Bisshöhe (Lage zwischen Ober- und Unterkiefer) so eingestellt sein, dass die vorderen Halsgefäße nicht durch das Kiefergelenk komprimiert werden. Stimmt der Biss nicht, funktioniert der Müllabtransport der Giftstoffe aus dem Hirn suboptimal und diese lagern sich über die Zeit vermehrt im Hirngewebe ab. Dies führt zu chronischem Zellstress mit vielseitigen Problemen; von bspw. Konzentrationsstörungen, Gedächtnisverlust und Schlafstörungen bis hin zu neurodegenerativen Erkrankungen, wie Parkinson, Morbus Alzheimer oder Demenz.

Allein die harmonische Ausformung der Zahnbögen durch sanfte kieferorthopädische Methoden und/oder das Tragen einer myofunktionellen Aufbissschiene/Trainingsschiene für nachts trägt zu entscheidender Verbesserung der Hirnentgiftung bei. 

Der zweite wichtige Aspekt zur Entgiftung des Hirngewebes ist die Reduktion der elektromagnetischen Felder (Wlan, Mobilfunk uvm.) in der Nacht/zum Schlafen. 

Ist die Blut-Hirn-schranke bspw. durch entzündliche Prozesse (leaky brain) geöffnet oder durch hochfrequente Strahlung der elektromagnetischen Felder wie Wlan oder 5G geöffnet bzw. beeinflusst (Achtung: Antennenwirkung Metall!), gelangen sämtliche Giftstoffe in unser Hirn und führen dort zu unterschiedlichsten Graden der Veränderung und Belastung. 

Reduktion der Störfelder für einen erholsamen Schlaf

All diese Faktoren lassen ein stressbedingtes chronisch übersäuertes Milieu entstehen, in dem Stoffwechselprozesse suboptimal ablaufen und die Entgiftungsleistung des Körpers deutlich einschränken. Die Zellregeneration wird verhindert; Heilungsprozesse verlangsamt. Das Immunsystem benötigt für die dauerhafte Aktivierung erheblich mehr Energie, was zudem zu chronischer Müdigkeit bei gleichzeitiger Schlaflosigkeit führt. Das Gewebe baut ab, was übergeordnet ein Substanzverlust an Vitalität bedeutet.

Erholsamer Schlaf und Regeneration spielen eine sehr wichtige Rolle im Entgiftungsmechanismus des Körpers und unserer Stressresilienz. Wir alle können unser biologisches Alter und damit unsere Regenerationsfähigkeit durch viele Komponenten positiv beeinflussen. Insbesondere guter Schlaf ist ein ganz natürliches Heil- und Regenerationstool für unser körperliches Wohlbefinden 

Dazu ist es wichtig, dass der Körper einen Zustand der Regeneration einnehmen kann und aus dem chronischen Stresszustand der Anspannung (Sympathikus-Modus, Gas-Pedal) in die Entspannung des Parasympathikus gelangt. Eine Untersuchung der Zahn- bzw. Mundgesundheit unter biologischen und funktionellen Aspekten deckt mögliche Störfelder auf, die unsere Schlafqualität entscheidend beeinflussen. 

Dr. Anne Karl

Experte

Dr. Anne Karl

Frau Dr. med. dent. Anne Karl ist die Spezialistin für integrative biologische Zahnmedizin und
Körperbewusstsein. Ihr einzigartiges Konzept verknüpft Ästhetik mit ganzheitlicher Zahnmedizin, so dass alle Facetten zur umfangreichen Diagnostik und Heilung mit einbezogen werden.

Zähne sind ein Abbild der ganzen Gesundheit des Menschen sind. Sie teilt ihr Wissen mit uns und euch - für mehr Gesundheit, Leichtigkeit, Freude und Erfüllung im Leben.